Was passiert, wenn sich Donald Trump gegen das Fed durchsetzt?

Donald Trump ist seit Mitte Januar wieder Präsident der Vereinigten Staaten und erneut setzt er die US-Zentralbank unter Druck: Tiefere Leitzinsen sollen es sein – und zwar gerne sofort. Wie würde sich das auswirken auf Investorinnen und Investoren?
«Ich verlange, dass die Zinsen sofort gesenkt werden!» – Das gesagt hat US-Präsident Donald Trump in seiner Videoansprache kurz nach seiner Amtseinführung von Mitte Januar am Weltwirtschaftsforum in Davos.
Der Adressat seiner Forderung: Die Führungscrew der US-Zentralbank Fed rund um deren Präsident Jerome Powell. Trumps Forderung ist eine weitere Zuspitzung in einem schon seit seiner ersten Amtszeit brodelnden Konflikt: «Trump vs. Federal Reserve» geht also in die zweite Runde. Was passiert, wenn sich Trump durchsetzen sollte?
Der US-Präsident darf nicht mitreden
Um darauf eine Antwort geben zu können, müssen wir zuerst verstehen, warum Trump überhaupt tiefe Zinsen fordert. Da ist zum einen sein unerschütterliches Selbstvertrauen: Ebenfalls am Weltwirtschaftsforum in Davos sagt er: «Ich verstehe Zinsen sehr viel besser als die Fachleute der Federal Reserve». Auch darum müsse der US-Präsident zumindest ein Mitspracherecht haben bei den Zinsentscheiden der Fed, so Trump im August 2024.
Das Problem dabei: Die US-Zentralbank ist eine unabhängige Institution. Das Fed entscheidet unabhängig von politischer Einflussnahme über die Höhe des Leitzinses. Im Speziellen wird der US-Präsident weder angehört, noch kann dieser die Fed-Spitze einfach entlassen. Nichtsdestotrotz macht Donald Trump weiter Druck auf das Fed. Er ist überzeugt, dass tiefe Zinsen positiv sind für die Wirtschaft.
Darum ist Trump ein Fan von tiefen Zinsen
Und das teilweise auch: Beispielsweise werden dadurch Firmenkredite günstiger, was Investitionen fördert, etwa in neue Technologien wie die künstliche Intelligenz. Und auch Haushalte profitieren von einem sinkenden Leitzins, weil sie dann weniger Zinsen bezahlen müssen für ihre Hypothek. Es bleibt also mehr Geld übrig für Ferien, Shopping und andere Konsumausgaben.
Allerdings könnten tiefe Zinsen auch die Inflation wieder ankurbeln: Sie ist zuletzt zwar stark gesunken, von 9.1 Prozent im Sommer 2022 auf mittlerweile nur noch 2.9 Prozent. Sie liegt damit aber immer noch über dem Ziel von 2 Prozent.
Und ein neuerlicher Anstieg der Inflation wäre das Gegenteil von positiv für die Wirtschaft: Die Haushalte müssten dann wieder deutlich mehr zahlen für ihre Einkäufe im Supermarkt. Und die Firmen wären wieder konfrontiert mit steigenden Lohnforderungen.
Ein Blick auf die langfristigen Zinsen lohnt sich
Zusammengenommen wirkt sich das dann auch auf Investorinnen und Investoren aus: Aufschlussreich sind dabei vor allem die langfristigen Zinsen. Die könnten nach einer erzwungenen Leitzins-Senkung der Fed nämlich sogar steigen. Der Grund: Das Fed kann nur den kurzfristigen Zinsen direkt kontrollieren; nicht aber beispielsweise die langfristigen Zinsen auf 10-jährigen Staatsanleihen der USA. Die werden massgeblich bestimmt durch die Inflationsaussichten – die wohl eher steigen würden, wenn sich Trump durchsetzen sollte.
Wie reagiert der Aktienmarkt?
Nicht ganz so eindeutig ist derweil, wie sich «Trump vs. Federal Reserve» auf die Aktienpreise auswirken wird. Zwar profitieren Aktien häufig von guten Wirtschaftsaussichten und tiefen Zinsen. Und aus theoretischer Sicht sind Aktien sogar ein Inflationsschutz: Im langfristigen Trend steigen sie mit der Teuerung.
Die geldpolitische Unsicherheit allerdings, die durch Trumps Druckversuche auf die Fed ausgelöst werden, schadet den Aktienmärkten eher. Tatsächlich könnte es nämlich sein, dass das Fed nach einer erzwungenen Zinssenkung schon bald wieder auf die geldpolitische Bremse treten müsste. Entweder schon während Trumps Amtszeit – oder spätestens danach; mit entsprechend negativen Auswirkungen auf den Aktienmarkt.
Auch darum wäre Trump gut beraten, die Zinsentscheide weiterhin der Zentralbank zu überlassen. Denn auch sie ist interessiert an einer robusten Wirtschaftsentwicklung mit stabilen Preisen und Vollbeschäftigung. Und die Wissenschaft zeigt: Das stabilisiert mittelfristig auch dem Anleihen- und Aktienmarkt.
- Überraschende Zinssenkungen führen üblicherweise zu steigenden Anleihepreisen.
- Überraschende Zinssenkungen führen üblicherweise zu steigenden Aktienpreisen.
- Überraschende und übermässige Zinssenkungen können zu steigenden Nominalrenditen auf langfristigen Anleihen führen.
- Überraschende und übermässige Zinssenkungen können zu steigenden oder sinkenden Aktienpreisen führen.
Autor Fabio Canetg hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute unterrichtet er im Ökonomie-Masterlehrgang der Universität Neuchâtel, zudem ist er Dozent MAS an der Universität Bern. Er moderiert den Geldpolitik-Podcast «Geldcast» und den Finanzpodcast «Börsenstrasse Fünfzehn».